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01. März 2017

INFOTAINMENT ODER INFOPAINMENT?

Über das Interface-Dilemma in unseren Autos

Die Automobilbranche befindet sich in einem enormen Wandel. Vom reinen Fahrerlebnis vollzieht sich derzeit eine Entwicklung hin zu fahrenden und allzeit vernetzten Supercomputern. Head-Up Displays, Gestensteuerung, Anbindung an das Internet und autonomes Fahren sind längst keine Zukunftsvisionen mehr, sondern werden immer mehr zur Realität auf unseren Straßen.

Wir haben uns im Rahmen einer Benchmark-Recherche näher mit den Infotainmentsystemen im gehobenen Fahrzeugsegment auseinandergesetzt und von Opel, Audi, Mercedes und Tesla die Interfaces und ihre User Experience getestet.

Unsere User Experience Designer testeten anhand einfacher Nutzeraufgaben. Sie überprüften die Usability und die Freude an der Bedienung mit Hilfe der Marken-Apps. Hierzu haben wir die Systeme direkt in den Fahrzeugen genutzt und die Funktionen, wie beispielsweise Navigation, App Mirroring (Spiegeln der Smartphone Apps auf das Display), Bluetooth Verbindung sowie den Zugriff auf die Fahrzeugentriegelung per Smartphone-App getestet. Nebst jenen digitalen User-Interfaces welche im Autoarmaturenbrett eingebaut sind, haben die etablierten Fahrzeugmarken eine oder gar mehrere Apps, die eine dauerhafte Verbindung mit dem Fahrzeug ermöglichen. So kann der Nutzer zum Beispiel sein Auto orten, hat die wichtigsten Fahrzeugdaten wie Tank und Reifendruck im Blick, kann das Auto öffnen und schließen, und kann das nächste Navigationsziel bereits in der App einstellen und an das Fahrzeug senden. Des Weiteren untersuchten wir das gesamte Erscheinungsbild sowie die generelle Bedienung.

Durch unseren Anwendungstest konnten unsere Experten feststellen, wie die Bedienungsfreundlichkeit der vier Fahrzeuge im Vergleich zueinander ausfällt. Hierfür wurde ein realer Feldtest mit Experten anhand der Smartphones und der Fahrzeuge durchgeführt. Der Praxistest zeigte, dass der Umgang mit den Boardcomputern im Zusammenspiel mit den Apps leider recht ernüchternd sein kann. Die Systeme sind, nach unserem Empfinden, wenig nutzerzentriert und wenig konsistent. Eine unklare Benutzerführung und teilweise fehlendes Feedback führen zu Bedienungsfehlern. Hinzu kommt, dass mehrere Smartphone-Apps einer Automarke angeboten werden. Dies führt zur ersten Verwirrung bei den Testern. Außerdem wird häufig zwischen Service-Apps für Werkstattbesuche und Apps für den Alltag mit Navigationsfunktion und Informationen über den Fahrzeugstatus unterschieden. Bei der myOpelService-App und der myOpel App, ebenso bei Audi mit der MMI- und der myAudi-App. Zudem überschneiden sich die Inhalte und Funktionen teilweise. Welche App nun die richtige ist, ist auf Anhieb kaum zu erkennen.

Ein von uns beobachtetes Problem liegt mitunter auf der Ausführebene. Bei den vier getesteten Fahrzeugen sehen wir Verbesserungspotentiale. Zum einen bei der Konsistenz der Gestaltung zum anderen bei der Funktionsfähigkeit im Zusammenhang mit dem Funktionsumfang der Apps. Wir überprüften die Hauptfunktionen, wie beispielsweise Navigation, Entriegelung, Fahrzeugstatusinfo sowie sicherheitsrelevante Fahrzeugdaten.

In einem der Testfahrzeuge erhielten wir nach Navigationszielauswahl keine Rückmeldung. Im Vergleich dazu schnitt eine andere deutsche Automarke sehr gut ab, und mit visuellem Navigationsfeedback im Fahrzeug konnte die Reise beginnen. An solchen einfachen Beispielen zeigt sich, dass Nutzertests einfach Funktionsfehler eines Systems offen legen können und im Umkehrschluss die frühe Integration von User Stories in Kombination mit Nutzertests im Entwicklungsprozess zu einer guten User Experience führt.

Die Gestaltung der Apps im Zusammenspiel der Fahrzeugdarstellungen ist meist nicht konsequent. Das Design der Apps im Vergleich zum Infotainmentsystem im Fahrzeug scheint in der grafischen Ausführung oft nicht übereinzustimmen. Eine durchgehende Markenidentität vermissten wir hier bei vielen getesteten Fahrzeugen und hätten uns hier besonders bei Tesla mehr Stimmigkeit gewünscht. Das Interface Design der einzelnen Screens im Tesla Model S PM85 wurde inzwischen weiter entwickelt, jedoch scheint die Gestaltung der App 2016 die einer früheren Projektphase zu sein. So bekommt man als Nutzer das Gefühl, dass das grafische Boardcomputerinterface und das grafische Apps-Interface das Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungsteams sind. Bei der Darstellung im Fahrzeug stellten wir fest, dass die Screens teilweise überladen sind. Ein Nutzer ist während der Fahrt kaum in der Lage all die Informationen zu erfassen und gleichzeitig sicher zu navigieren. Der große mittige Bildschirm enthält eine Fülle an Informationen und ist daher eher für die Bedienung durch den Beifahrer gedacht.

Was bringt die Zukunft?

Wir kommen in diesem Test zum Ergebnis, dass die meisten hier getesteten Systeme wenig über ihren Systemstatus an den Nutzer kommunizieren. Teilweise gibt es für Wartungsaufgaben eigenständige App-Entwicklungen, wodurch der Nutzer verwirrt werden kann.

In Zukunft, wenn dann Apple und Google mit ihren Ideen mit den etablierten Automarken in einen Wettkampf treten, wird vermutlich gerade die Usability vergleichsweise besser sein. Dann wird es sich zeigen in wie weit das Fahrzeugdesign und die Ästhetik neben Smartphone- und Tabletintegration die Kaufentscheidungen der Nutzer beeinflusst.

Wie sieht unsere Vorstellung eines ganzheitlichen Infotainmentsystems für Fahrzeuge aus?

Das oberste Ziel bei der Bedienung eines Fahrzeugs ist es die Sicherheit der Nutzer sowie anderer Verkehrsteilnehmer auf der Reise zu unterstützen. Für Pendler sowohl als auch für Wenigfahrer ist eine intuitive Bedienung notwendig. In einer selbsterklärenden Führung des Nutzers steckt daher der Garant für den perfekten „joy of use“. Ein positives Nutzungserlebnis kann zusätzlich die Unfallrisikominimierung begünstigen.

Durch die häufige Nutzung von Smartphones und anderen digitalen Geräten ist es wichtig, dass die Systeme nahtlos ineinander greifen, daher sehen wir die Konsistenz von Interface Design und Inhalten als unerlässlich. Nur dadurch ist gewährleistet, dass die Apps der Fahrzeughersteller als Ergänzung zum Infotainmentsystem genutzt werden wollen, und sich nicht nach einmaliger Nutzung zu den ungenutzten Handy-Apps gesellen. Sowohl Apps als auch Infotainmentsysteme müssen regelmäßig im Sinne des Nutzers und der Bedienung weiterentwickelt und aktualisiert werden. In Zeiten von nahezu grenzenloser Connectivity ebenfalls ein wichtiges Kriterium für Qualität und Erhaltung des User Experience Wertversprechens einer Marke.  Tasten und Bedienelemente gegen den Touchscreen komplett einzutauschen, das sehen wir kritisch, dennoch ist eine Ergänzung der Eingabemethode sicherlich sinnvoll und hat eine positive Auswirkung auf eine sichere Bedienung während der Fahrt. Das Ziel sollte sein, die Sinnhaftigkeit  der Bedienelemente durch die Abstimmung der Inhalte auf das Nutzungsszenario zu gewährleisten und Bedienelemente sorgfältig ausgesucht einzusetzen.

In Projekten für unsere Kunden zeigen wir, dass uns eine konsequente Designsprache am Herzen liegt. Überzeugen Sie sich selbst!

Das Testequipment bestand aus zwei Smartphones und vier Fahrzeugen sowie den dazugehörigen Fahrzeugmarken-Apps. Hier eine Übersicht:

Smartphones:
Apple Inc. iPhone 6 (iOS),
Samsung Group Samsung Galaxy (Android)

Fahrzeuge:
1. Daimler AG: Mercedes CLA,
2. Audi AG: Audi A4,
3. General Motors / Adam Opel AG: Opel Insignia OPC Sports Tourer,
4. Tesla Motors Inc: Tesla Model S PM85

Apps:

1. Daimler AG, Mercedes me-App
https://www.mercedes-benz.com/de/mercedes-me/inspiration/entertainment-lifestyle/mercedes-me-app/

 2. Audi AG, Audi MMI connect und my Audi
https://www.audi.de/de/brand/de/kundenbereich/apps/pool/audi-mmi-connect.html

http://www.audi.com/de/myaudi.html

3. General Motors  / Adam Opel AG: myOpel-APP, https://my.opel.de/

4. Tesla Motors Inc, Tesla App von. https://www.tesla.com/de_DE/support/android-and-iphone-app

 

Ihre Ansprechpartner bei BUSSE:
Oliver Skrabl

User Interface Designer
Tel. +49(0)7308/ 811 499 793
Skrabl@busse-design.com

Felix Timm
Geschäftsführer
Tel. +49(0)7308/ 811 499 23
Timm@busse-design.com

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