Was macht Produkte heute erfolgreich und wie wird ein Produkt zum Erlebnis? Dieser spannenden Fragestellung widmen wir uns in einem neuen Artikel in der "Technische Kommunikation".
Heutzutage sind die meisten Produkte auf einem technisch ebenbürtigen und qualitativ gleichwertigen Stand. Wie kommt es jedoch, dass bestimmte Produkte zu Ikonen und Trendsettern werden und andere Produkte in der Masse des Wettbewerbs untergehen?
Neben den technischen Features, denen oft physikalisch/technisch und auch hinsichtlich der Herstellkosten harte Limits gesetzt sind, ist es vor allem die Bedienung und Bedienbarkeit, die maßgeblich zur Frustration oder Begeisterung beiträgt. Ein Produkt muss zur richtigen Zeit, im richtigen Kontext, das richtige Feature bieten, dazu intuitiv bedienbar sein und ein positives Erlebnis hinterlassen. Werden all diese Kriterien erfüllt spricht man von einer positiven Benutzererfahrung – einer positiven User Experience. Es erfolgt also eine Symbiose von Funktion und Technik, von physischer Hardware und virtueller Software.
Ein erfolgreiches Produkt sollte also immer mit einem qualitativ hochwertigen Erlebnis auf funktionaler und emotionaler Ebene einhergehen. Um diese Regel für erfolgreiche Produkte, sei es software- oder hardwareseitig, zu beschreiben nutzt man die Begriffe pragmatische und hedonische Qualität. Ist ein Produkt schnell und intuitiv zu bedienen spricht man von der pragmatischen Qualität. Berührt ein Produkt darüber hinaus auch noch unterbewusst die emotionale Ebene des Benutzers spricht man von der hedonischen Qualität. Nur wenn die pragmatische und hedonische Qualität gemeinsam auftreten und entsprechend hoch sind, haben Produkte und Services heute noch eine Erfolgschance. Wenn man also ein Produkt durch vergleichbaren technischen Standard nicht wirklich „besser" machen kann, muss es durch eine neuartige und intuitive Bedienung und sinnvolle Zusatzfeatures „pfiffiger/smarter" und „begehrlicher" werden.
Außerdem beeinflusst die Brand Experience – das Markenerlebnis – nicht unerheblich die Wahrnehmung und das emotionalen Erlebnis des Benutzers. Das Fundament dieser Markenerlebniswelt bilden immer die physischen Produkte und deren tatsächliche Eigenschaften. Dies vergessen heutzutage viele Branchen, so dass trotz aufwändiger Image- und Werbekampagnen das Fundament durch nicht gehaltene Leistungsversprechen der Produktperformance schnell bröckelt und dann ein Werteverfall kaum noch zu stoppen ist. Andersherum bietet eine begeisternde User Experience des Produktes einen wahren Booster für den Marken-Mythos.
Zu den Einflussfaktoren für den Markenmythos und das Produkt gehören nun auch immer stärker Aspekte der Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit, nicht nur im ökologischen Sinne sondern auch im gesellschaftlichen und technologischen Sinne, da Bekenntnisse und Lösungen zu neuen Technologien auch ein bewusstes Commitment der Nutzer sind und somit maßgeblich zum Produkterlebnis beitragen (siehe z.B. Mythos Tesla).
Der größte Fehler, der häufig begangen wird, ist die rein technisch getriebene Entwicklung. Hier werden technische Anforderungen gepaart mit den oftmals zahlreichen und sehr enthusiastischen Anforderungen seitens Marketing und Vertrieb. Im besten Fall werden Stammkunden bei der Entwicklung hinzugezogen, die jedoch bereits mit Vorgängerprodukten oder ähnlicher Technik vertraut sind. Diese bestimmen dann häufig die Funktionalitäten und das Aussehen eines Produktes, nicht aber die Nutzeranforderungen. Dabei sollte die Technik als Teil der Lösung, nicht als Treiber betrachtet werden. Die Technik liefert die Plattform auf der die Nutzerbedürfnisse aufsetzen. Die technische Funktion soll den Nutzer dabei unterstützen seine Ziele zu erreichen, ohne dass er es merkt. Ist ein Produktfeature zu technisch und komplex, wird es den Benutzer eher abschrecken als begeistern und die erlebte User Experience erleidet einen Dämpfer.
Macht man sich das Verhalten von Benutzern bewusst und bezieht diese in eine Entwicklung von Anfang an mit ein, kann bei der Produktentwicklung hinsichtlich der User Experience nicht mehr viel falsch laufen. Wichtig ist das stetige Abprüfen der Entwicklungsschritte durch (Usability) Testings. Erst nach einem erfolgreich absolvierten Testing sollte man in den nächsten Entwicklungsschritt übergehen um spätere Mehraufwände zu vermeiden. Mein Rat dabei ist, sich immer folgende Frage zu stellen: ist die erarbeitete Lösung nun so, weil sie mein Nutzer so erwartet oder weil es die technische Anforderung ist?
Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Artikel der aktuellen Ausgabe der "Technische Kommunikation 01/20" und kann hier > geladen und gelesen werden.